Die Nutzung des Begriffs „Klimaneutral“ wird zukünftig wohl standardisiert werden: Reines Emissions-Offsetting sollte dann der Vergangenheit angehören
Auf Unternehmensebene fallen immer häufiger die Begriffe „Kohlenstoffneutralität“ (Carbon Neutrality), „Treibhausgasneutralität“ (Greenhouse Gas Neutrality), „Klimaneutralität“ (Climate Neutrality) und „Netto Null Emissionen“ (Net Zero Emissions). Was aber heißt eigentlich Klimaneutralität? Diese verschiedenen Begrifflichkeiten verdeutlichen ein Defizit allgemein anerkannter Konzepte und Methodenstandards zur Festlegung von Zielen zur Erreichung von THG-Neutralität und deren Umsetzung, die eine Vergleichbarkeit untereinander aber auch in Bezug auf die 1,5 Grad Ziele erschwert.
Klimaneutralität durch Zukauf von Zertifikaten wird zunehmend kritisch gesehen
Während einige Unternehmen unter THG-Neutralität den bilanziellen Ausgleich ihrer Treibhausgasemissionen durch Kompensation verstehen, definieren andere Organisationen THG-Neutralität langfristig mit der Reduktion ihrer tatsächlichen Emissionen auf ein Minimum, bzw. sogar ein Wandel hin zu einer klimapositiven Emissionsbilanz. Da fast alle Länder verbindliche Reduktionsziele definiert haben ist eine „erkaufte“ Klimaneutralität mithilfe von Zertifikaten deshalb auch kritisch zu sehen, denn eine solche suggeriert ein Unternehmen habe seine Aktivitäten bereits emissionsfrei ausgerichtet, obwohl die Emissionen tatsächlich wachsen oder stabil bleiben können.
„Net Zero“ darf in Zukunft nur als Ziel genannt werden, wenn es in Übereinstimmung mit dem 1.5 °- Pfad erreicht werden kann
Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Berichterstattungspraxis empfiehlt ein aktuelles Policy Paper des Umweltbundeamts die Reporting-Anforderungen grundsätzlich auf dem Net Zero Verständnis der Science-Based Targets Initiative (SBTi) aufzubauen. Das bedeutet, dass ein Unternehmen erst dann für sich beanspruchen kann „Net Zero“ erreicht zu haben, wenn es auch seine langfristigen Dekarbonisierungsziele erreicht hat. Net Zero ist damit kein bilanziell zu erreichendes Ziel, sondern eines, das nur in Übereinstimmung mit dem 1.5 °- Pfad sowie unter Berücksichtigung nationaler Klimaschutzbeiträge (NDC) erreicht werden kann.
Zukünftige Berichtsstandards werden den Fokus auf globale Klimaneutralität legen und den individuellen Unternehmensbeitrag zu diesem Ziel betrachten
Im Rahmen der bevorstehenden Novellierung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), müssen Unternehmen demnach damit rechnen, dass der zukünftige Berichtsstandard den Fokus auf den perspektivischen Unternehmensbeitrag zur Klimaneutralität legt und abfragt, ob und inwiefern sich Unternehmen auf einem langfristigen Net Zero Zielpfad bewegen. Die Auszeichnung „Klimaneutralität“ über reine Kompensation der Emissionen wird somit schwer zu rechtfertigen sein. Dies ist jedoch ein wichtiger und überfälliger Schritt, denn sie verlangt von Unternehmen eine beschleunigte Transformation hin zu klimaneutralen Geschäftsmodellen und lokaler Dekarbonisierung.
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