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Gebäudesektor weit entfernt von Erreichung der Klimaschutzziele

In Deutschland ist der Gebäudesektor für rund ein Drittel der direkten und indirekten Emissionen von Treibhausgas (THG)- verantwortlich und hat damit eine entscheidende Bedeutung für die Erreichung der Klimaschutzziele. Bis 2050 soll der Sektor nahezu klimaneutral sein, die heutige Realität sieht allerdings deutlich anders aus. Einspar- und Energieeffizienzpotenziale sind zwar enorm, allerdings gibt es zahlreiche Investitionshemmnisse, wie beispielsweise der kürzlich in Berlin verabschiedete Mietendeckel. EU-Initiativen, wie die EU-Taxonomieverordnung oder auch nationale Regularien, wie das neue Gebäudeenergiegesetz bieten dabei gute Rahmenbedingungen, um grünes Kapital für den Gebäudebereich zu mobilisieren und setzen Anreize für nachhaltige und klimafreundliche Sanierungen. Um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden, müssen Unternehmen schon heute Transitionsrisiken mindern, um morgen noch wettbewerbsfähig zu sein.



Die kürzlich vorgestellte, langfristige Renovierungsstrategie (Long-Term Renovation Strategy) der Bundesregierung sieht für das Jahr 2030 eine Reduktion des THG-Ausstoßes von derzeit 122 Millionen Tonnen auf 70 Millionen Tonnen CO2 Äquivalente sowie einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand bis zum Jahr 2050 vor.


Einspar- und Energieeffizienzpotenziale von Bestandsgebäuden sind enorm


Während Neubauten dank zahlreicher Gesetze und Verordnungen (EnEV, EEG, EEWärmeG) schon heute hohe Standards erfüllen, sind die Einspar- und Energieeffizienzpotenziale von Bestandsgebäuden bei Weitem nicht ausgeschöpft.

Ein Grund ist die mit einem Prozent zu niedrige jährliche Sanierungsquote sowie der Umstand, dass Sanierungen häufig nicht ambitioniert genug sind. Das durchschnittliche Mehrfamilienhaus in Deutschland ist 42 Jahre alt und mehr als 85% der Gebäude werden noch mit Wärme aus rund 23 Jahre alten Gas- bzw. Ölheizungen versorgt. Erneuerbare Wärmequellen wie z.B. Wärmepumpen kommen in Bestandsgebäuden bisher kaum zum Einsatz, dabei könnten eine ambitionierte Dämmung in Kombination mit einer energieeffizienten Wärmeversorgung einen entscheidenden Beitrag zu Erreichung der Klimaschutzziele im Gebäudebereich leisten. Eine heutige Sanierung nach höchsten Energieeffizienzstandards ist mit Blick auf das Jahr 2050 auch deshalb wichtig, da eine erneute Sanierung dieser Gebäude vor 2050 unwirtschaftlich und damit sehr unwahrscheinlich wäre.

Der Berliner Mietendeckel kann Klimaschutzbemühungen ernsthaft ausbremsen

Ein weiterer Faktor zur Erreichung der Klimaschutzziele ist die Geschwindigkeit, mit der Bestandsgebäude derzeit saniert werden. Dieser beträgt momentan national nur rund 1 Prozent, müsste aber auf mindestens 1,5 Prozent erhöht werden, um die Klimaschutzziele im vorgesehenen Zeitraum zu erreichen. In Berlin liegt die Zahl lediglich bei 0,8 Prozent und das, obwohl immerhin knapp die Hälfte aller Emissionen auf Gebäude zurückzuführen sind. Ein ernsthaftes Hindernis, um bis 2050 ein klimaneutrales Berlin zu erreichen, ist auch der Mietendeckel. Er regelt, dass die Mieten maximal 1 Euro pro Quadratmeter und Monat steigen dürfen, wenn energetisch saniert wird. Laut einer Studie für den Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. (BBU) wären aber 2,89 Euro nötig. Dieses Beispiel zeigt, dass die nachhaltige Gebäudesanierung und ihr Beitrag zur Reduktion von THG-Emissionen im Regulierungsbereich auch von Landesregierungen mit grüner Regierungsbeteiligung teilweise noch anderen Zielen untergeordnet wird. Der effiziente Klimaschutz im Gebäudesektor steht noch vor großen Herausforderungen.

Die EU-Taxonomie soll Immobilieneigentümern und Entwicklern Zugang zu grünen Finanzinstrumenten ermöglichen

Mit der nun angekündigten Verschärfung des EU 2030 Reduktionsziels von 40 auf mindestens 55 Prozent gegenüber den THG-Emissionen von 1990 kommt neuer Druck auf den Sektor zu. In ihrer Rede zur Lage der Union (16.September 2020) deutete Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen die Schaffung eines europäischen „Bauhauses“ für mehr Klimaschutz und eine europaweite Modernisierungswelle an, um den Herausforderungen im Gebäudesektor zu begegnen. Ankündigungen alleine sind allerdings nicht ausreichend, um die zahlreichen Hemmnisse zu adressieren und den Gebäudebestand bis 2050 auf Klimaneutralität zu trimmen.

Mit der EU-Taxonomie führt die EU ein Klassifizierungssystem für nachhaltige Investitionen ein, das u.a. dem Gebäudesektor bessere Finanzierungsmöglichkeiten für nachhaltige Investitionen anhand klar definierter Kriterien zur Verfügung stellt. Die Empfehlungen des kürzlich veröffentlichtem Taxonomie-Abschlussberichts müssen nun bis Ende 2020 in nationalen Gesetzen umgesetzt werden, damit sie Ende 2021 erstmals zur Anwendung kommen. Damit steht fest, dass auf Immobilieneigentümer und Investoren neue Chancen, aber auch Berichtspflichten zukommen. Marktteilnehmer, die ihre Praktiken nicht gemäß der Taxonomiekriterien verbessern, könnten Wettbewerbsfähigkeit einbüßen sowie die Fähigkeit, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten und Produkte als „grün, bzw. nachhaltig“ zu kennzeichnen. Von den verbesserten Finanzierungsmöglichkeiten dürften insbesondere börsennotierte Wohnungsunternehmen profitieren, die mithilfe von grünem Kapital die nötigen Klimaschutzinvestitionen stemmen könnten.

Auch ein neues, nationales Gebäudeenergiegesetz forciert Klimaschutz

Ein neues Gebäudeenergiegesetz (GEG) tritt zum 1. November in Kraft und führt EnEG, EnEV und EEWärmeG in einem Gesetz zusammen. Damit wird ein einheitliches, aufeinander abgestimmtes Regelwerk für die energetischen Anforderungen an Neubauten und Bestandsgebäuden sowie für den Einsatz erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden geschaffen. Neben Einschränkungen zur Nutzung von Kohle- und Ölheizungen werden künftig auch die konkreten Klimawirkungen des Gebäudesektors berücksichtigt. Die sich aus dem Primärenergiebedarf oder Primärenergieverbrauch ergebenden Kohlendioxidemissionen müssen dann in Energieausweisen angegeben werden.

Transitionsrisiken* mindern, um Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten

Immobilienunternehmen, Projektentwickler und Immobilienfonds, die sich frühzeitig auf die kommenden, veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen vorbereiten, können zukünftig nicht nur mit steigendem Interesse von Investoren und Anlegern rechnen, sondern senken gezielt ihre Transitionsrisiken. Für den Gebäudesektor kann z.B. eine zukünftige Bepreisung von C02 Emissionen, Energiebesteuerung oder auch eine erhöhte Aufmerksamkeit und negatives Feedback von Stakeholdern das Geschäftsumfeld und ihr Business Modell maßgeblich negativ beeinflussen. Die Branche sollte jetzt vorausschauend planen, um in der Zukunft noch wettbewerbsfähig zu sein. Nur so kann Klimaschutz als Wettbewerbsvorteil genutzt werden.













*Transitionsrisiken sind Risiken, die für Unternehmen im Zusammenhang mit dem Übergang zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft entstehen: Durch veränderte politische Rahmenbedingungen, technologische Entwicklungen sowie sich verändernde Märkte und gesellschaftliche Erwartungen verändert sich das Geschäftsumfeld von Unternehmen, woraus für Unternehmen Risiken entstehen.

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